Was ist überhaupt eine Hochbegabung?
Hochbegabung kann durchaus als Neurodiversität angesehen werden, das Gehirn ist also etwas anders „verschaltet“. Ein IQ-Test ist eine Möglichkeit, um den Verdacht einer Hochbegabung zu bestätigen. Mittels dieses Tests lässt sich ein Wert bestimmen, der die intellektuelle Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Testung abbildet. Bei der Intelligenz wird fluide Intelligenz und kristalline Intelligenz unterschieden. Bei letztgenannter spielt der Wissenserwerb mit hinein. Ab einem Wert von 130 wird von Hochbegabung und ab 145 von Höchstbegabung gesprochen.
Statistisch sind weltweit 2,3 % der Menschen hochbegabt. Dabei heißt Hochbegabung nicht zwangsläufig, dass man besonders gut in der Schule war oder eine besonders ausgeprägte Expertise in einem Wissensbereich hat.
Hochbegabte Menschen sind höchst unterschiedlich! Es gibt nicht die eine typische Hochbegabung. Um trotzdem eine Idee zu bekommen, sind hier sieben Anhaltspunkte aufgelistet, die auf hochbegabte Menschen zutreffen können:
Neugier – wissbegierig – viele Fragen
Oftmals haben hochbegabte Menschen viele verschiedene Interessensgebiete, die nicht zwingend etwas miteinander zu tun haben. Sie wollen alles oder möglichst viel wissen und fragen sehr detailliert nach. Gesprächspartner:innen werden dadurch oft irritiert oder fühlen sich ausgefragt.
Um die Neugier zu stillen, verschlingen hochbegabte Menschen oftmals zahlreiche Bücher, Filme, Fernsehsendungen, Podcasts oder Zeitungen.
Kreativität – ideenreich – alternative Lösungen
Mit Kreativität ist nicht zwingend Gestalterisches und Kunst gemeint. Lösungen zu komplexen Fragestellungen im Beruf oder im sozialen Umgang zu finden, erfordert ein hohes Maß an Kreativität. Des Öfteren finden hochbegabte Menschen die korrekte Antwort über einen unüblichen Lösungsweg.
Power – energievoll – für andere anstrengend
Das hohe Energielevel hochbegabter Menschen kann sich durch großen körperlichen oder geistigen Bewegungsdrang bemerkbar machen. Des Öfteren haben sie ein geringes Schlafbedürfnis. Dies fällt schon im Kindesalter dadurch auf, dass sie recht früh keinen Mittagsschlaf mehr machen. Gespräche sind oftmals intensiv, tiefgründig oder sprunghaft. Auch die Sprechgeschwindigkeit kann beschleunigt sein. Manchmal betreiben sie mehrere, teils konträre Hobbies gleichzeitig. Im beruflichen Kontext fallen sie durch erhöhtes Leistungsvermögen oder schnelles Arbeiten auf. Dieses hohe Energielevel kann von anderen Menschen als anstrengend wahrgenommen werden.
Intensität – fokussiert – sich vertiefen
Ob es um die Intensität eines emotionalen Austauschs oder eines wissenschaftlichen Diskurses geht – durch ihre großen Kapazitäten können hochbegabte Menschen den Situationen und Fragestellung intensiv auf den Grund gehen. Auch intensive Sinneswahrnehmungen oder eingehend betriebene Hobbys können auf eine Hochbegabung hindeuten.
Geschwindigkeit – schnell – andere verlieren
Viele Denkprozesse hochbegabter Menschen laufen auf höherer Geschwindigkeit als bei anderen Menschen. Das muss jedoch nicht unbedingt heißen, dass diese Prozesse auch schneller ein Ergebnis zutage fördern. Denn sie haben nicht dieselben Gedanken wie die anderen in schneller, sie denken komplett anders. Manchmal finden hochbegabte Menschen mehrere Ergebnisse. Erst werden die Vor- und Nachteile durchdacht, bevor die Lösung mitgeteilt wird. Manchmal ist der Kopf schneller als die Hand oder der Mund, es kommt dazu, dass Wörter oder Buchstaben ausgelassen werden. Bei mathematisch begabten Menschen bleibt des Öfteren der Rechenweg auf der Strecke, da der Kopf zu schnell die Lösung präsentiert.
Ausgrenzung – allein – nicht dazugehörig
Wenn hochbegabte Menschen nicht im passenden Umfeld sind und ihnen der Austausch mit anderen Hochbegabten fehlt, fühlen sie sich nicht dazugehörig, unverstanden, falsch auf dieser Welt, ein bisschen wie ein Alien auf der Erde. Unser starres Bildungs- und Arbeitssystem lässt kaum Spielraum für anders funktionierende Köpfe. Wenn hochbegabte Menschen nicht genug neue Herausforderungen bekommen, kann ihre Aufmerksamkeit schnell nachlassen. Durch monotone, anspruchsarme Tätigkeiten kann es zum Boreout kommen. Doch auch der gegenteilige Weg ist möglich – schließlich kann man sich auch selbst immer neue Herausforderungen stellen, immer mehr arbeiten, seine perfektionistischen Ansprüche auf die eigene Leistung anwenden und sich somit in die Nähe eines Burnouts manövrieren. Das muss jedoch nicht sein. Die eigene Hochbegabung kennenzulernen und zu nutzen ist der erste Schritt in einen ausgeglicheneren Alltag.
Anpassen – unsichtbar – sich zurücknehmen
Menschen, die erst im erwachsenen Alter von ihrer Hochbegabung erfahren oder diese vermuten, sind häufig dann erst in der Lage alte Verletzungen oder Schutzmechanismen richtig zu deuten. Teils sind es Mobbingerfahrungen, teils das stete Gefühl, nicht verstanden zu werden. Durch die intensive emotionale Wahrnehmung können alte Verletzungen Blockaden verursachen, die hochbegabte Menschen noch im Erwachsenenalter mit sich herumtragen. Vielleicht haben sie in der Vergangenheit ihr Naturell unterdrückt, in der Hoffnung auf Zugehörigkeit, dies gelingt nicht und kostet zudem unglaublich viel Energie. Dort setzt die systemische Therapie an, deren Ziel es ist, auf sanfte Weise Blockaden und Traumata zu lösen, um wieder gestärkt in die Zukunft blicken zu können.
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